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Montag, 5. Mai 2014

Wahlkampfmittel-Check: Gelbe Eimer und saure Würmer


An Einfallsreichtum und Ideen scheint es den Parteien und Wählergruppierungen, die für die Ratswahl am 25. Mai derzeit um Stimmen werben, nicht zu mangeln. Das „AT“ hat am Samstag in der Fußgängerzone den Wahlkampfmittel-Check gemacht.

Mit was wollen die Kandidaten die Bürger überzeugen? Ganz klar: mit ihren Argumenten. Sagt jeder. Aber sie haben sich auch einige Nettigkeiten einfallen lassen, um in Erinnerung zu bleiben. Sieben Infostände später, am Ende einer zweistündigen Tour, war dann alles im Eimer. Dank der FDP. Dort drin, in dem gelben Plastikteil mit „FDP Ahlen“-Eindruck, befanden sich letztlich alle gesammelten „Give-aways“, wie die kleinen Geschenke heutzutage heißen.

Der Eimer, verziert mit einem Bild vom Ahlener Rathaus und dem Spruch „Sind wir noch ganz dicht?“, ist übrigens eines meiner Lieblingswahlkampfstücke; und um den wurde ich sogar am SPD-Stand beneidet. „Wo gibt‘s den? Den will ich auch“, sagte die SPD-Kandidatin Astrid Albrecht-Sierleja. Na, ob sie da mal nicht Ärger mit ihren Genossen bekommt! Die SPD hatte am vergangenen Samstag ein Minimalprogramm an Werbemitteln aufgefahren: Einkaufschip, Schokobons, süße und saure Würmer. Die Leute würden jetzt gezielt wissen wollen, was welche Partei zu bieten habe und nach dem Wahlprogramm fragen, erläutert Gabriele Duhme. Am kommenden Samstag werde es am SPD-Stand aber ganz anders aussehen, versprach sie: Dann sei von roten Rosen bis zur Grillzange („damit in Ahlen nichts anbrennt“) alles mit an Bord.

Nicht lumpen ließ sich die FWG, die mit viel Wortwitz punktete: „Wir sind der Stachel im Draht“, verspricht sie auf dem Flyer (mit Betonung der Buchstaben RAT). Und passend dazu gab es wirklich Armbänder aus Stacheldraht. Naja, aus Gummistacheldraht. Tat nicht weh.

Die Idee hinter dem Stacheldraht erläuterte Heinrich Artmann: „Wir sind bereit, auch mal unbequeme Sachen mitzutragen“, sprach er die schwierige Entscheidung zur Erhöhung der Gewerbesteuer an. Nächster Spruch auf dem Flyer: „Wir wollen Politik nach Maß … nicht anmaßend“. Klar: Dazu gab es noch einen Zollstock, mein Lieblingswahlgeschenk Nummer zwei. Einkaufschips, Feuerzeuge, bunte Windräder (Silvia Hillebrand: „Wir wollen frischen Wind machen“), Gummibären und Kartenspiele waren weitere Trümpfe, die die FWG am Infostand ausspielte.

FDP-Wahlkampf kostet bis zu 4000 Euro


Sind wir noch ganz dicht?“, fragt die FDP im Ahlener Wahlkampf, und die Frage gilt zum einen dem Thema Rathaus, in dem ja Wassereimer seit Jahren das „Sanierungskonzept“ seien (und von einer Sanierung des Gebäudes hält die FDP nichts).

Zum anderen ist die Abschaffung der Dichtheitsprüfung ihr Anliegen. Der gelbe Eimer, der im Wahlkampf verschenkt wird, stehe aber noch für mehr: Für die Ahlener Wirtschaft und Investitionen, die man unterstützen wolle.

Selbstverständlich sei deshalb der Eimer ein Ahlener Produkt (Jopa). Dafür und für Nähzeug (Norbert Fleischer: „In Ahlen ist noch genug zu flicken“), Malblöcke, Buntstifte, Luftballons, WM-Planer, Gummibärchen, Plakate und – ganz klar – Einkaufchips gebe die Partei 3000 bis 4000 Euro aus, nennt Fleischer im Gegensatz zu anderen Parteien auch mal eine Zahl, was so ein Wahlkampf kostet.

Was am Ende des Ahlener Wahlkampfmittel-Checks bei mir hängen bleibt: Ein FDP-Putzeimer, eine FWG-Einkaufstasche inklusive Zollstock, ein formschöner SPD-Kugelschreiber, grüne Sonnenblumen für den Garten – und die CDU-Waffeln sowie das BMA-Popcorn als „Hüftgold“.

Materialschlacht betrifft jeden


Gegen eine Materialschlacht verwehrte sich Petra Pähler-Paul am Samstag am Tisch von Bündnis 90/Die Grünen. Sie wollen mit ihrem Wahlprogramm überzeugen.

Dennoch boten sie dazu einen grünen Einkaufschip, „grüne Kernenergie“ (Sonnenblumenkerne) und – mein Lieblingsgeschenk Nummer drei – einen Saisonkalender für Obst und Gemüse an.

Gut durchdacht auch der Spruch für einen Regenschutz für den Fahrradsattel: „Auf Grün setzen fürs Münsterland.“

Am CDU-Stand nebenan standen die Männer in vorderster Front, die Frauen hinterm Waffeleisen. Mit Kaffee, Gebäck und Sitzgelegenheiten wollte man den Wählern ein Gespräch über Politik angenehm machen. Bei den Werbemitteln (orange Luftballons, Schokolade, WM-Flyer, magnetischen Flaschenöffner und auch hier die praktischen Einkaufschips) klotzte die CDU nicht gerade, doch sie wolle ja „reinen Kandidatenwahlkampf“ machen, wie Peter Lehmann erklärte.

Am meisten sei er am Infostand auf die Gewerbesteuererhöhung und das Nein der CDU dazu angesprochen worden. Und zur Befürchtung eines „Linksrucks in Ahlen“ angesichts des „linken Bündnisses“ gegen CDU und FDP im Rat.

Einen Popcornwagen fährt die BMA auf. Welche Wahlaussage dahinter steckt? Matthias Bußmann scherzte: „Weil man mit wenig Material ‘ne ganz große Tüte voll kriegt – das ist das, was man für den Ahlener Haushalt braucht.“ Spaß beiseite: „Wir müssen nicht das Geld aufpoppen, sondern sparen“, sagte er.

Deshalb gebe es den BMA-Antrag zur Senkung der Personalkosten in der Verwaltung um zehn Prozent. Sparsam ging es bei den Linken bereits zu: Auch da zählten, so Sven Kleinemeier, die Argumente. Ansonsten noch Kulis und kleine Bälle zum Aufblasen mit dem Aufdruck „Zur Sonne. Zur Freiheit“.

Für den Ahlener Rat liebäugelt er mit drei Mandaten. Na, Hauptsache, diese Hoffnung zerplatzt für die Linken nicht wie die Seifenblasen, die sie auch noch im Angebot hatten.


Zitate


„Von einem Euro Gewerbesteuermehreinnahmen bleiben effektiv 83,6 Prozent für den städtischen Haushalt. Die Erhöhung ist also keine Nullnummer.“

Heinrich Artmann (FWG) zur beabsichtigten, aber von Ahlener Unternehmern kritisierten Erhöhung der Gewerbesteuer

„Die Hammer Unternehmerschaft trägt sogar 500 Prozentpunkte bei der Gewerbesteuer. Und in Gesprächen kriegt man dann als Dolberger gesagt: ‚Aber dafür haben wir wenigstens einen vernünftigen Oberbürgermeister.‘“

Heinrich Artmann zur Gewerbesteuer und zum FWG-Anliegen, dass der Ahlener „CDU-Bürgermeister nicht länger machen kann, was er will“.

„Wir sind noch gar nicht klar, ob es einen Bürgermeisterkandidaten mit CDU-Parteibuch geben wird. Wir brauchen einen Bürgermeister/eine Bürgermeisterin, der/die eine Vermittlerrolle einnimmt. An den schwierigen Gesprächen über den Haushalt sieht man ja, wie nötig es ist.“

Peter Lehmann (CDU) auf die Frage, mit welchem Bürgermeisterkandidaten denn die Wähler 2015 rechnen könnten.

„Viele wissen gar nicht, dass jetzt bei der Kommunalwahl gar kein Bürgermeister gewählt wird.“

Gabriele Duhme (SPD) über die Gespräche mit Bürgern am Wahlkampfstand.

„Erst muss jeder am 25. Mai sein Ergebnis kennen. Unser Ziel ist es jetzt erst einmal, die stärkste Fraktion zu werden, um die CDU abzuhängen.“

Gabriele Duhme zur Nachfrage nach einem SPD-Bürgermeisterkandidaten.

„Wir haben hoch qualifizierte Mitarbeiter in der Stadtverwaltung, aber nicht hochmotivierte. Man muss sie mehr loben und nicht gleich die Rübe abhauen, wenn mal was ist.“

Matthias Bußmann (BMA) zum Antrag, bei den Personalkosten einzusparen und die Mitarbeiter intelligent einzusetzen.

(wit)

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